Heute schließen wir unseren kleinen Rückblick auf die nunmehr zweite interdisziplinäre und internationale SpeakUpOstbelgien Tagung, die zwischen dem 09. und 14. Oktober im ostbelgischen Lontzen als Retreat stattfand.
Veranstaltet wurde das Retreat vom Eupener Institut für Demokratiepädagogik in Kooperation mit der im IDP ansässigen Vernetzungsstelle Speak Up! Thematisch ging es an fünf Thementagen (Montag: politische Bildung, Dienstag: Medien- und Informationskompetenz, Mittwoch: Speak Up! macht Schule, Donnerstag: Hate Speech, Freitag: Politik) um Fake News und Hate Speech als gesellschaftliche Herausforderungen.
Zu den Vortragenden zählten neben Menschen aus der ostbelgischen Zivilgesellschaft Fachkräfte sowie Wissenschaftler*innen aus dem In- und Ausland, die sich im Vorfeld um eine Teilnahme bewerben konnten, wie sich hier nachlesen lässt.
Ein wichtiges Anliegen der Veranstalter*innen war auch in diesem Jahr, dass sich bei der Tagung alle auf Augenhöhe begegnen und voneinander lernen sollten. Anders als bei klassischen wissenschaftlichen Tagungen gab es daher keine vorher ausgedruckten Namensschildchen mit Titel, Namen und Institution, sondern lediglich einen Aufkleber, auf den die Teilnehmenden ihren Vornamen schreiben konnten.
Am Freitag haben wir das offizielle Programm mit einem Thementag zu Politik abgeschlossen, eigentlich wäre sogar Politolinguistik treffender gewesen, hierunter ist eine Teildisziplin der Sprachwissenschaften zu verstehen, die sich mit politischer Kommunikation befasst. Hierzu hatten wir gleich zwei Vorträge.
Den Morgen eröffnete die Passauer Studentin Ann Nguyen mit ihrem englischsprachigen Vortrag, der die Ergebnisse ihrer kürzlich eingereichten Hausarbeit „The Exploitation of the “War on Terror” Frame for Political Purposes in Liberal Western Countries. We Should“ vorstellte.
Dem schloss sich ein Vortrag der Bonner Romanistin Karolina Küsters zu „Hatespeech im französischen Wahlkampf. Linguistische Zugänge zur Erkennung und Rekonstruktion invektiver Sprechweisen“ an. Karolina bewies eindrucksvoll, wie Wissenschaftskommunikation selbst bei auf den ersten Blick weniger publikumswirksamen Themen funktionieren kann. Sie begeisterte selbst diejenigen, die im Studium wenig für Linguistik übrig hatten mit ihren Ausführungen, die die Mechanismen entschleierten, die mit beleidigenden Sprechweisen verbunden sind.
Yannick Sandberg, der am Vortrag das Projekt Ritualmordlegenden vorstellte, fand es beispielsweise spannend „zu sehen, welchen Einfluss die Wiederholung von bestimmten Wortkombinationen hat und welche nachhaltige Veränderung der Sprachgebrauch auch im Denken verursachen kann.”
Anschließend stand dann eine Arbeitsphase auf dem Programm, wo es das zu Papier bzw. ins Ethernet zu bringen galt, was schon die ganze Tagung über im Hintergrund lief, nämlich das Schmieden von Projektideen: „Projektwerkstatt. Meine Idee für ein Projekt zum Umgang mit den gesellschaftlichen Herausforderungen Fake News und Hate Speech“.
IDP-Leiterin, Dr. Tomke LASK, war sehr positiv überrascht, wie harmonisch sich die verschiedenen Ideen, die über die Woche angesprochen und vorgeschlagen worden waren, bei dieser letzten gemeinsamen Übung zu einem fast schon ausgereiften Konzept zusammenfügten: „Das offene Ambiente mit den vielen Freiräumen zum Austausch, auch nach Arbeitsschluss sozusagen, trug als Tagungsformat viele Früchte.“
Bevor es Zeit war, Abschied zu nehmen und Heimreise zu gehen, setzten sich die Teilnehmenden in einer Diskussionsrunde zum Thema „Was machen wir mit den Ergebnissen aus der Tagung und den Arbeitsergebnissen?“ auseinander. Alle waren sich einig, dass die Ergebnisse der Tagung unbedingt der breiteren Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft zugänglich gemacht werden müssen. Dafür muss allerdings noch eine passende Form gefunden werden. Derzeitiger Favorit sind Podcasts, allerdings wollen sich alle Beteiligten noch etwas mehr Zeit geben, über Zielgruppe und Formate nachzudenken.
Überdies gab es erste Anfragen einiger Teilnehmenden, wie man sich dem Speak Up! Netzwerk anschließen kann. Das freute insbesondere wie Sabrina KIRSCHNER, verantwortlich für die Vernetzungsstelle Speak Up! und deren Weiterentwicklung: „Es schön, zu beobachten, wie die Vernetzungsstelle nun immer weiter wächst und gedeiht! Was vor knapp zwei Jahren als eine ostbelgische Initiative begann, entwickelt sich nun zu einem nachhaltigen interdisziplinären und internationalen Netzwerk mit vielen engagierten Menschen, die über theoretisches Wissen und praktische Erfahrungen im Umgang mit Fake News und Hate Speech verfügen. Sich untereinander auszutauschen, Wissen und Erfahrungen miteinander zu teilen, Synergieeffekte bei bestehenden Angeboten zu nutzen und gemeinsam neue Projekte zu entwickeln, ist äußerst wertvoll. Durch unsere beiden Tagungen haben wir nicht nur Menschen und Institutionen innerhalb Ostbelgiens miteinander vernetzt, sondern auch den Blick über den Tellerrand gewagt. Daraus sind bereits erste internationale Vorhaben entstanden, bei denen Menschen und Institutionen aus Ostbelgien gemeinsam mit Projektpartner*innen, die sie auf unseren Tagungen kennen und schätzen gelernt haben, zu den Themenbereichen Fake News und Hate Speech kooperieren.“
Bei einem kurzen Blitzlicht konnten alle Tagungsbesucher*innen noch einmal die Tagung Revue passieren lassen. Auch wenn es kurzfristig durch Pandemiebedingte Ausfälle an einigen Stellen zu improvisieren galt, zogen alle ein durchweg positives Fazit:
Nina JUNG, Bibliothekarin aus Aachen, konnte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit Einiges abgewinnen und möchte nun verstärkt mit Menschen aus Ostbelgien zusammenarbeiten: „Die Speak Up!-Tagung war für mich sehr interessant und lebendig. Sie hat dafür gesorgt, dass ich unsere ostbelgischen Nachbarn besser einschätzen kann und mich gerne weiterhin grenzübergreifend vernetzen möchte. Wir können gegenseitig voneinander nur profitieren, denn letztendlich ist die Grenze nur eine virtuelle Linie.“
Auch Yannick SANDBERG, der aus beruflichen Gründen erst gegen Ende der Tagung zur Gruppe stoßen konnte, freute sich über die offene Atmosphäre und sprach sich für eine Folgetagung aus: „Ich war am Anfang ziemlich aufgeregt, weil die Teilnehmenden ja bereits einige Tage miteinander verbracht hatten und ich erst am Donnerstag dazustieß. Schnell wurde klar, dass es keine Grüppchenbildung gab und alle einen freundlichen, offenen Umgang miteinander pflegten und Neuankömmlinge gut aufgenommen wurden. Die Lockere Atmosphäre hieß einen Willkommen, das gemeinsame Tischdecken, Essen und Abräumen ergänzte die interessanten und abwechslungsreichen Vorträge sehr gut. Ich hoffe, dass es im nächsten Jahr wieder die Möglichkeit der Teilnahme gibt.“ Karolina KÜSTERS, die mit ihrem Vortrag den Input-Teil der Tagung abschloss, resümierte: “Die Woche war für mich eine wirklich einmalige Erfahrung! Nicht nur, weil ich zum ersten Mal einen wissenschaftlichen Vortrag in Hausschuhen und in einem bequemen Backensessel sitzend halten durfte; vor allem die Tagungsatmosphäre zwischen wissenschaftlichem Interesse, gesellschaftlicher Engagiertheit in der Sache, der freundlichen Diskussionskultur und einem immer wiederkehrenden Schullandheim-Flair durch die gemeinsamen Koch-Sessions war eine unvergessliche Mischung an Eindrücken, die meinen beruflichen und meinen persönlichen Horizont sehr geprägt hat!”
Bevor alle die Heimreise antraten, haben wir ein letztes Gruppen-Selfie – dieses und alle anderen Fotos finden sich auch in der Fotogalerie– aufgenommen und im Etherpad ein paar Aufgaben für die Nachbereitung der Tagung verteilt.
Herzlichen Dank an alle, die am Freitag und an den anderen Tagen dabei waren und unsere zahlreichen Arbeits- und Diskussionsphasen bereichert haben!