Offener Brief | Rechtsextremismus
Ein sonniger Nachmittag am Eupener Bushof. Auf dem Weg zum Supermarkt fällt an der Haltestelle nach Aachen ein Aufkleber ins Auge: Ein Soldat im Stahlhelm, wie man ihn von Plakaten kennt, die aus dem Nationalsozialismus stammen, darunter in blutroten Buchstaben vom Wolfsangel-Symbol durchsetzt geschrieben „Defend your Fatherland“. Darunter der Link zum Onlineshop einer thüringischen Modefirma, die ihr eigenes Angebot als „Germanic Brand“ beschreibt.
Irritation.
Aber da ist noch ein Aufkleber, der an Black Lives Matter erinnert. Wäre da nicht Black durch White ersetzt worden. Auch dieser Aufkleber lässt sich über den Link dem thüringischen Onlinehändler zuordnen.
Und auch ein kurzer Rundgang zwischen Rathausplatz und Marktplatz offenbarte weitere Aufkleber mit einschlägigen Symbolen, wie dem Reichsadler (Klosterstraße), und einer Internetadresse, die wiederum auf den zuvor benannten Kleidungsshop verwies. Ein anderer Sticker mit dem Sonnenrad (Marktplatz) führte auf eine andere rechte Seite.
Allerdings scheint dies in Ostbelgien kaum jemanden aufzufallen, denn der große Aufschrei blieb aus, selbst als es einen Bericht in der Lokalzeitung über einen Bürger gab, der nicht länger wegsehen wollte. Lediglich ein Redakteur des Grenzechos hat die Thematik aufgriffen und gefragt: „Was nun?“
Das Leben geht und ging weiter.
Ist das die neue Normalität? Gehört Rechtsextremismus in Ostbelgien auch schon zum Alltag?
Keine Reaktion aus der Zivilgesellschaft.
Wegsehen ist bequemer. Denn es betrifft ja nur andere.
Oder doch nicht?
Anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Buchenwald gab Marina Weisband in der vergangenen Woche zu bedenken: „Faschismus wird nicht erkannt, weil wir insgeheim damit rechnen, dass sich am Ende der Demokratie irgendwie die Filmmusik verändert. Der Himmel sich bedrohlich grau zuzieht. Dass Banner ausgerollt werden. Aber das passiert nicht. Wenn der Faschismus kommt, scheint noch immer die Sonne. Die Vögel singen. Sie gehen zur Arbeit. Alles ist normal. Nur trans Menschen verlieren ihre Rechte. Und Asylsuchende. Und Immigranten. Und Behinderte. Und Muslime. Und Juden. Und linke Journalisten. Und dann andere Journalisten. Und ich. Und Sie. Und niemandem ist mehr klar, wann es eigentlich zu spät wurde.“
In unseren krisengeschüttelten Zeiten haben Rechtsextreme ein leichtes Spiel, da sie schnell vermeintliche Sündenböcke ausmachen und so gesellschaftliche Probleme zu ihren Gunsten nutzen wollen.
Oft werden Menschen erst dann aktiv, wenn sie selbst betroffen sind.
Allerdings ist es dann schon zu spät.
Gerade deshalb ist es wichtig, sich mit Rechtsextremismus auseinanderzusetzen.
Wir erachten es daher als notwendig, dass
. . . Rechtsextremismus und Nationalsozialismus einen größeren Platz auf den Stundenplänen der ostbelgischen Schüler*innen erhalten, um sie für die Thematik zu sensibilisieren
. . . Lehrkräfte, Sozialarbeitende und weitere Fachkräfte des Bildungsbereichs sich regelmäßig zur Thematik fortbilden, um so auch rechtsextreme Umtriebe erkennen zu können
. . . sich die Politik in enger Absprache mit Polizei und Justiz mit der Thematik auseinandersetzt und tragfähige Konzepte erarbeitet, um Menschen, die direkt oder indirekt betroffen sind, eine verlässliche Anlaufstelle zu bieten
um so demokratische Kultur und Werte zu fördern und langfristig in der Gesellschaft zu verankern.
Denn wir wünschen uns, dass mehr Menschen in Ostbelgien in der Lage sind, rechtsextreme Symboliken als solche zu erkennen, in der Gesellschaft als solche zu thematisieren und im Alltag Haltung zu zeigen.
Wir laden alle Menschen ein, den Brief mit zu unterzeichnen und so ein Zeichen gegen den Rechtsruck und für ein demokratisches Miteinander in Ostbelgien zu setzen.
Die Erstunterzeichnerinnen
Leiterin der Vernetzungsstelle Speak Up!
Abteilungsleitung politische (Medien-)Bildung am IDP
Dr. Tomke Lask
Geschäftsführerin und Wissenschaftliche Leiterin IDP
Sofern Sie den Brief als Person oder Institution mitzeichnen wollen, tragen Sie sich bitte hier in das Formular ein. Alternativ könen Sie uns auch eine eine Mail mit ihrem Namen, und Wohnort bzw. -land und ggfs. Logo (bei Institutionen) an sekretariat@idp-dg.be schicken.
Die Mitunterzeichner*innen
- Rita BERTEMES, Eupen, Belgien
-
Vanessa EISENHARDT, Dortmund, Deutschland
- Dirk SCHLEIHS, Lüttich, Belgien
- Marianne LAMBERTZ, Schoppen, Belgien
- Sarah RAISIN, Eupen, Belgien
- Pascale CURTZ, Eupen, Belgien
- Karin HARDT, Raeren, Belgien
- Herwig HAHN, Raeren, Belgien
-
Erik SCHMIDT, Raeren, Belgien
- Jochen ALTENBERG, Eupen, Belgien
- Nicole QUINTING, Raeren, Belgien
- Linda TERREN, Stavelot, Belgien
- Felix KRUFF, Kelmis, Belgien
- Anke JÄNICKE, Ort, Frankreich
- Monika JOHNEN, Eupen, Belgien
- Bianca CROÉ, Eupen, Belgien
- Viertelhaus Cardijn, Eupen, Belgien
- Odette THREINEN, Eupen, Belgien
- Michèle SOIRON, Eupen, Belgien
- Sabine DREUW, Eupen, Belgien
- Catherine BRÜLL, Eupen, Belgien
- Yvonne SCHNEIDER, Eupen, Belgien
- Yvonne PANKERT-SOIRON, Hergenrath, Belgien
- Camille KAMPMANN, Malmedy, Belgien
- Pascal COLLUBRY, Raeren, Belgien
- Alexa BOCKEN, Eupen, Belgien
- Sonja SCHMETZ, Eupen, Belgien
- Astrid SEMAILLE, Amel, Belgien
- Silke BORMANN, Raeren, Belgien
- Claudine DEMONTHY, Lommersweiler, Sankt Vith, Belgien
- Christa FALKENBERG, Eupen, Belgien
- Patrick BUNGART, Trier, Deutschland
- Daniel OFFERMANN, Kettenis, Belgien
- Martine PASSAGEZ, Eupen, Belgien
- Thomas FAUST, Recht, Belgien
- Ulrike KEVER-SCHRÖDER, Eupen, Belgien
- Peter VAN DER HEIJDEN, Ort, Belgien
- Guido BREUER, Eupen, Belgien
- Acese VoE, Eupen, Belgien
- Miloud CHOUDNA, Eupen, Belgien
- Stephan NOEL, Elsenborn, Belgien
- Monika HÖBER-HILLEN, Eynatten, Belgien
- Marie-Christine DORR, Kelmis, Belgien
- Jacqueline FEY, Eynatten, Belgien
- Monika DETHIER-NEUMANN, Eupen, Belgien
- Nadège KOULEIKINA, Eupen, Belgien
- Oswald WEBER, St. Vith, Belgien
- Wolfgang Hillen, Eynatten, Belgien
- Jürgen VEITHEN, Eupen, Belgien
- Alexandra CUNIBERT, Eupen, Belgien
- Andrea PIP, St.Vith, Belgien
- Erich BONGARTZ, Eupen, Belgien
- Arnold DEDERICHS, Eupen, Belgien
- Marcel VAESSEN, Büllingen
- Freundeskreis der Reservisten Eupen-Malmedy-St.Vith, Belgien
- Doris SPODEN, Eupen, Belgien
- H.G. EVERTZ, Eupen, Belgien
- Rita SPROTEN, Eupen, Belgien
- Katja SCHENK, Eupen, Belgien
- Nancy COIBION, Eupen, Belgien
- Wolfgang DELNUI, Kettenis, Belgien
- Doris LAMBERTZ,Eupen, Belgien
- Lars BRÜLL, Eupen, Belgien
- Dieter EMMERICH, Lontzen, Belgien
- Lisa DÜRNHOLZ, Eupen, Belgien
Logos der mitzeichnenden Organisationen
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Letzte Änderung: 13. April 2025 20:10