Da seit letzter Woche ziemlich viel Wind um das Thema „Wat wählste!? 2.0“ in den Kommentarspalten und sozialen Medien gemacht wird, und anscheinend die Lesekompetenz nicht ausreicht, um Gegebenheiten zu verstehen, möchte ich hier als Leiterin des Instituts für Demokratiepädagogik ein paar Dinge zur Zusammenarbeit von Organisationen der Zivilgesellschaft in Ostbelgien klarstellen:
Organisationen der ostbelgischen Zivilgesellschaft arbeiten, wann immer es möglich ist, zusammen, um gegenseitig Projekte zu unterstützen, die der Gesellschaft zugutekommen sollen. Dazu gehört auch die Förderung demokratischer Kompetenzen, besonders unter jungen Menschen. Die junge Generation ist die Zielgruppe des RDJ bzw. von Jugendinfo. Ich finde, es verdient Wertschätzung seitens der Bevölkerung, dass sich vergleichsweise kleine Organisationen der Aufgabe stellen, etwas Ähnliches wie den großen deutschen Wahl-o-Mat für Erstwähler*innen in Ostbelgien auf die Beine zu stellen.
Was wirklich bemerkenswert ist, ist, dass sich junge Menschen aus der ostbelgischen Zivilgesellschaft bemühen, beim Tool „Wat wählste!? 2.0“ die Fragen und Thesen ihrer Altersgenoss*innen aufzugreifen, damit diese Zielgruppe sich mit Hilfe des Tools einen ersten Überblick verschafft, um sich im Idealfall dann anschließend in den Wahlprogrammen der Parteien und Bürgerlisten zu informieren und auf diesem Weg zu einer eigenständigen Position kommt.
Niemand möchte hier, wie oft zwischen den Zeilen unterstellt wird, die Erstwähler*innen regierungstreu bzw. parteischer beeinflussen. Im Gegenteil, das Tool unterstützt eine eigene unabhängige Meinungsbildung. Aus den vorhandenen Ressourcen machen der RDJ und die Jugendinfo das Beste.
‚Das könnte man besser machen!‘ heißt es in den bisweilen anonymen Kommentarspalten. Klar, kann man das besser machen, wenn die notwendigen Bedingungen dafür gegeben wären. Was allerdings zählt, ist in erster Linie der Wille überhaupt etwas für die jungen Menschen auf die Beine zu stellen. Daran vom heimischen Sofa rumzunörgeln ist eine bequeme Haltung all derjenigen, die auch sonst in der Gesellschaft außer destruktiver Kritik nichts beizutragen haben, schon gar keine Idee, wie man Erstwähler*innen dabei unterstützen kann, sich für Politik zu interessieren und vor den Wahlen in den Parteiprogrammen zu informieren.
Abschließend möchte ich auch auf die Rolle des Instituts für Demokratiepädagogik (IDP) bei „Wat wählste!? 2.0“ eingehen. Wie oben beschrieben, kooperiert das IDP auf Anfrage und wenn möglich immer mit anderen Institutionen und Einrichtungen der ostbelgischen Zivilgesellschaft, erst recht, wenn es um die Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe an politischen Prozessen geht. Das IDP und andere Außenstehende wurden nach der Erarbeitung der Thesen für „Wat wählste!? 2.0“ vom RDJ, der das Tool „Wat wählste!? 2.0“ entwickelt hat, gebeten die Thesen kritisch gegenzulesen. Das wurde sorgfältig und kritisch gemacht und ein kommentiertes Dokument, zum Teil mit Angaben aus der belgischen Verfassung zur Erklärung, erstellt, um Zuständigkeiten etc. zu verdeutlichen. Auf die Entscheidung, welche Thesen es letztendlich in das Tool geschafft haben, hatte das IDP gar keinen Einfluss. Diese Entscheidung oblag allein den Verantwortlichen beim RDJ bzw. in der Jugendinfo.
Der RDJ hat den politischen Parteien, von denen klar war, dass sie zur Wahl zugelassen waren und die eine offizielle datenschutzkonforme Kontaktmöglichkeit hatten, die Thesen vorgelegt und um Stellungnahme gebeten. Dies geschah verständlicherweise mit einigem zeitlichen Vorlauf. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bürgerlisten allerdings noch nicht offiziell zur Wahl zugelassen. Diese haben nun die Gelegenheit bekommen, ihre Antworten nachzuliefern. Zu behaupten, dass die Bürgerlisten absichtlich im Vorfeld der Erstellung des Tools „Wat wählste!? 2.0“ ausgegrenzt und ignoriert wurden, ist daher falsch.
Außerdem war die Kommunikation mit den Parteien und Bürgerlisten nicht Aufgabe des IDP, dessen Rolle sich beim Tool „Wat wählste!? 2.0“ allein auf das kritische Lesen der Thesen beschränkte.
Die Diskussionen rund um das Tool „Wat wählste!? 2.0“ nun für den eigenen Wahlkampf zu nutzen, indem man sich auf Kosten engagierter Jugendorganisation zum Opfer vermeintlich parteischer Intrigen stilisiert, ist ein altbekanntes und billiges Mittel im Wahlkampf, um an Wählerstimmen zu kommen. Wie bereits an anderer Stelle zum Wahlkampf angemerkt, appelliert das IDP an alle, die sich zur Wahl stellen und ihre Unterstützer*innen, dass sie einen fairen Wahlkampf auf Basis sachlicher Argumente führen.
Tomke Lask