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Seit dem vergangenen Jahr koordiniert das Eupener Institut für Demokratiepädagogik ein Erasmus+ Projekt für junge Menschen aus Belgien, Deutschland und Luxemburg, das sich mit den Schnittstellen von politischer Bildung und kreativen Ausdrucksformen befasst. Gemeinsam mit Musik-, Tanz-, und Theaterpädagog*innen erarbeiten die Jugendlichen dabei ein Stück, das im kommenden April aufgeführt wird und Verbindungspunkte sichtbar macht. Projektpartner*innen dabei sind das Luxemburger Zentrum fir politesch Bildung und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung.

Nachdem eine Sommerakademie in Worriken im vergangenen Juli den Projektauftakt bildete, trafen sich die Musiker*innen und Theaterleute im November zu Zwischentreffen in Ovifat und Trier. Ende November besuchten zudem zwei Jugendliche in Begleitung von IDP-Leiterin Tomke Lask und Theaterpädagogen Jörg Lentzen einen Prozesstag in Brandenburg, bei dem über einen mutmaßlichen SS-Wachmann des KZs Sachenhausen verhandelt wurde.

Am vergangenen Wochenende war es so weit, das lang ersehnte Zwischentreffen der Gesamt-(S)innfluencer*innen Gruppe fand im ostbelgischen Eupen statt. Und dies war im wahrsten Sinne des Wortes – nicht nur wegen Eunice – stürmischer als erwartet.

Schon am Freitagabend tauschten sich die jungen (S)innfluencer*innen, die sich mehrere Monate nur online gesehen hatten, darüber aus, wie es mit ihrem Stück weitergehen sollte. Schließlich hatten die Theaterleute im November beim Treffen in Trier und auf der Rückfahrt aus Brandenburg am Stück weitergearbeitet und stellten nun ihre Ideen dem Plenum der (S)innfluencer*innen vor. Da mit der neuen Richtung des Stückes – geprägt durch eine schwere Grundstimmung infolge des Prozessbesuchs – nicht alle zufrieden waren, wurde gemeinschaftlich diskutiert, wie das Stück mehr Leichtigkeit bekommen konnte, ohne dabei die Kernthemen, die in Worriken festgelegt wurden, zu vergessen. Infolgedessen wurde ein demokratischer Lernprozess angestoßen.

Als am Samstagmorgen dann die Dozierenden und das Orga-Team des IDP zur Gruppe stießen, wurde klar, dass eine Programmänderung notwendig war. Statt der anberaumten Arbeit in den Kleingruppen, wurden Treffen in zwei Großgruppen anberaumt: Einerseits setzten sich die Jugendlichen zusammen, um zu überlegen, wie sie nun an ihrem Stück weiterarbeiten wollten. Andererseits trafen sich Dozierende und IDP-Organisationsteam und reflektierten – vom Kamerateam begleitet – die gruppendynamischen Prozesse der vergangenen Stunden.

Fest stand: den Organisator*innen und Dozent*innen war wichtig, dass Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten transparent geklärt wurden, um so gemeinsam mit den Jugendlichen eine Lösung zu finden, wie zur Zufriedenheit aller am Stück weitergearbeitet werden konnte. Dabei war sicherlich hilfreich zu kommunizieren, dass es nicht darum geht, ein perfektes Stück zu inszenieren, sondern vielmehr um den Arbeitsprozess an sich. Denn das Einüben eines demokratischen Miteinanders, das Übernehmen von Verantwortung für das eigene Handeln und dessen Konsequenzen, das Erreichen eines Konsenses und die Reflexion darüber, wie künstlerische Ausdrucksformen und politische Einflussnahme zusammenhängen sind wichtige (Lern)ziele des Projekts.

Nach den Aussprachen in den beiden Großgruppen setzten sich dann am Samstagvormittag dann alle Projektbeteiligten im Plenum zusammen und tauschten sich offen über ihre Bedürfnisse und Ideen aus. Nach kurzer Zeit konnte ein Durchbruch erzielt werden, so dass nach dem Mittagessen alle jungen Sinnfluencer*innen motiviert und gemeinsam mit den begleitenden Theater-, Musik- und Tanzpädagog*innen in ihren Kleingruppen weiterarbeiten. Die Diskussion um das Stück hatte jedenfalls viel kreative Energie freigesetzt, so dass nun das Grundgerüst für das Stück steht, das am Gründonnerstag in St. Vith uraufgeführt wird. Bis zum Mittagessen am Sonntag arbeiteten dann alle Gruppen, teils begleitet vom Dokumentarfilm-Team, weiter und überlegten, was bis zur abschließenden Frühjahrsakademie in St. Vith zu tun ist.

Nach dem Mittagessen am Sonntag gab es dann eine kurze Reflexionsrunde, die verdeutlichte, dass nun jede Teilgruppe ihren Platz im großen Stück gefunden hat.

Wir freuen uns jedenfalls auf die abschließende Frühjahrsakademie in St. Vith und sind auf die Uraufführung des Stücks mehr als gespannt.

Weiterere Informationen zum Erasmus+ Projekt gibt es hier

Theatergruppe in Trier



Fünf Mitglieder der (S)innfluence your World Theatergruppe trafen vom 29. Oktober bis zum 1. November 2021 in Trier. Jörg Lentzen, Eupener Theaterpädagoge und Tomke Lask vom IDP waren natürlich ebenso dabei, wie das Dokumentarfilm-Team unter der Regie von Hans-Erich Viet, der von Kameramann Thomas Keller und Tonmann Konrad Keller unterstützt wurde.

Während des Treffens suchten die Nachwuchsschauspieler*innen nach Wegen, wie sie große Emotionen nicht nur nachspielen, sonders sie selbst erleben konnten, damit sie auf der Bühne dann authentisch wirken. Gerade Wut, Trauer und Angst sind nicht so einfach darzustellen, wenn man diese Gefühle noch nicht wirklich richtig erlebt hat.
Deshalb fährt nun eine kleine Delegation zusammen mit Tomke und Jörg zum wohl letzten Prozess gegen einen SS-Wachmann aus dem KZ Sachsenhausen, der zur Zeit in Brandenburg stattfindet. In Vorbereitung darauf recherchieren die Jugendlichen über Ostbelgier*innen und Luxemburger*innen, die von den Nazis nach Sachsenhausen deportiert wurden. Als ersten Einstieg haben die jungen und junggebliebenen Sinnfluencer*innen in Trier  gemeinsam mit Hans-Erich Viets Film Der letzte Jolly Boy, über Leon Schwarzbaum, einen Auschwitzüberlebenden, gesehen und  darüber diskutiert und reflektiert.

In Brandenburg werden die jungen Sinnfluencer*innen zwar nicht den Angeklagten, dafür jedoch dessen Rechtswalt und die Pressesprecherin des Gerichts interviewen. Außerdem werden sie auch einen Prozesstag mit durchleben. Keine leichte Kost, aber alle, die mitfahren, wollten immer schon mehr über die Zeit im Nationalsozialismus erfahren und sind darauf vorbereitet an der Trauer, Wut und den wiedererlebten Ängsten der Nebenkläger*innen im Prozess Anteil zu nehmen. Zurück im Erasmus+-Projekt werden sie das Erlebte in eine Erzählstruktur bringen, die es ihnen erlaubt, den Bogen von damals nach heute zu spannen und die beiden anderen Gruppen zu integrieren. Dazu haben sich die Schauspieler*innen auch schon während des Wochenendes mit der Musiker*innengruppe per Zoom ausgetauscht. Der Funke sprang über, und es wurde schon an musikalischen Improvisationen gearbeitet …

Wir sind alle gespannt, wie sich unser Musik- und Politik Projekt weiterentwickelt und freuen uns auf das nächste Zwischentreffen aller drei Gruppen im Februar 2022 in Lontzen!

[Fotos: Tomke Lask]