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Gedenken wird oft mit traurigen und introspektiven Anlässen verbunden, die in die Vergangenheit schauen. Dabei stellt sich bisweilen die Frage auf, ob es sich noch lohnt, an Ereignisse zu denken, die schon so weit zurückliegen. Erinnerung ist wichtig und lohnenswert, allerdings nicht als rückwärtsgewandtes Ritual, sondern als ein Akt lebendiger demokratischer Kultur. Erinnern heißt auch kritisch analysieren, aus Fehlern lernen, um mit den so gewonnenen Erkenntnissen die Zukunft besser zu gestalten.

Deshalb organisiert das IDP eine Gedenkkulturwoche, bei der nicht das Gedenken an sich geht, sondern vielmehr die Debatte darüber, warum es wichtig ist, sich an bestimmte historische Ereignisse zu erinnern, selbst wenn sie sehr lange zurückliegen. Es geht beim Gedenken nicht darum, Daten und Zahlen parat zu haben, sondern um die Fähigkeit, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, die Prozesse zu verstehen, die zu diesen Ereignissen geführt haben, und gegebenenfalls den Bogen zur Gegenwart zu schlagen und zukünftige Wiederholungen zu vermeiden. Dem IDP ist es wichtig, eine Gedenkkultur zu unterstützen, die demokratische Kultur mit Faktenwissen, der Fähigkeit, Geschehnisse kritisch einzuordnen und Empathie für die Opfer belebt.

Dazu ist in der zweiten Dezemberwoche eine Reihe an Aktivitäten für Schulen und die breite Öffentlichkeit vorgesehen. Sekundarschulen können sich mit dem Filmemacher Hans-Erich Viet über seinen Film Der letzte Jolly Boy zum Leben eines Auschwitzüberlebenden austauschen. Der frühere Richter und Staatsanwalt Thomas Walther, der sich nach seiner Pension weiterhin als Rechtsanwalt der Nebenklage bei Prozessen gegen Nazi-Verbrechern agiert, wird ebenfalls den Austausch mit Schülerinnen und Schülern suchen. Sein vorerst letzter Prozess war in Brandenburg an der Havel, bei dem ein früherer SS-Wachmann aus Sachsenhausen im Mai dieses Jahres wegen tausendfacher Beihilfe zum Mord verurteilt wurde. Das Hörspiel Briefe aus der Hölle von Andreas Weiser, das die Briefen der Sonderkommandos in Auschwitz behandelt, wird vom BRF am Sonntag, dem 4. Dezember 2022 nachmittags, gesendet. François Letocart vom IDP bietet während der Gedenkkulturwoche für Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Workshops zum Kongo und der Kolonialzeit Belgiens an.

Als Abschlussveranstaltung findet am 9. Dezember um 18 Uhr eine Podiumsdiskussion im Foyer des BRF statt. Daran nehmen Hans-Erich Viet, Thomas Walther, Andreas Weiser und Udo Lechtermann, leitender Richter des Brandenburger Prozess gegen einen SS-Wachmann, sowie François Letocart vom IDP und Inka Ehlert vom Trio Cascades teil. Letzteres führt mit einer Konzertlesung mit Musik und Texten aus dem Konzentrationslager Theresienstadt den Abend ein. Bernt Hahn liest und Ingeborg Danz singt. Anschließend diskutieren die Anwesenden darüber, warum sie sich für das Gedenken einsetzen, und warum es ihrer Meinung nach wichtig ist, eine Kultur des Gedenkens zu pflegen.

Die Abschlussveranstaltung ist öffentlich und kostenlos, um eine Anmeldung wird dennoch gebeten an: Gabi.Borst@ahs-ostbelgien.be





Am Institut für Demokratiepädagogik laufen viele Projekte und Aktivitäten, die wir teils in Zusammenarbeit mit Kooperationspartner*innen aus dem In- und Ausland erarbeiten. Seit längerer Zeit ist das Institut für Demokratiepädagogik Mitglied in der Arbeitsgruppe

politische Bildung in der Großregion, in der auch das Zentrum fir politesch
Bildung aus Luxemburg, das französische Centre Européen Robert Schuman – CERS
sowie die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz und
Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes Mitglieder sind. Ende September
hatte IDP-Leiterin, Dr. Tomke Lask, die Möglichkeit an einem Fachtag im Saarland teilzunehmen, über den sie uns kurz in Wort und Text berichtet:

 

Der Fachtag “Über Grenzen hinweg – Erinnern mit Jugendlichen“, der am 23. September 2022 in Saarbrücken stattfand, brachte viele Organisationen und Institutionen der Großregion zusammen, um sich über den innovativen Umgang mit Gedenkarbeit insbesondere mit Jugendlichen auszutauschen. Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Frau Anke Rehlinger, eröffnete die Tagung, es folgte ein Grußwort von Jean Paul Dondelinger, dem Präsidenten der EuRegio Saarlorlux Grande Région

Marc Schoentgen vom Zentrum fir politesch Bildung (ZpB) stellte als Vizepräsident des Vereins „Zeitzeug*innen der 2. Generation“ ein Projekt für Jugendliche zum Thema Holocausts vor. In seiner Rolle als Direktor des ZpBs, das in Luxemburg eine ähnliche Funktion übernimmt, wie in Ostbelgien das Institut für Demokratiepädagogik oder in
Deutschland die Landeszentralen für politische Bildung, bot er einen Workshop
zur neuen Bildungsstätte – Trois Fontaines an. Diese soll zur Aufarbeitung der
jüdischen Geschichte im 2. Weltkrieg in Luxemburg beitragen. Auch die Arbeit
des Weltzentrums für Frieden, Freiheit und Menschenrechte in Verdun verblüffte
mit den überraschenden Methoden, die dieses Zentrum einsetzt, um die
Besucher*innen zum Nachdenken zu bringen. Der Enthusiasmus des Direktors,
Philippe Hansch, war sehr ansteckend. Tomke Lask nahm zudem an einem Workshop
über innovative Methoden der Jugendarbeit teil. Konkret ging um eine best
practice, die die Erforschung und Darstellung von Lokalgeschichte Jugendlichen
anvertraut. Die daraus entstandenen Audio-Walks werden nun für andere Jugendliche,
die ihre Stadtgeschichte erleben wollen, zur Verfügung gestellt. Aktive
Teilhabe an der Gestaltung von Gedenken führt zur Herstellen von Alltags- und
Gegenwartsbezügen im Umgang mit der Geschichte. Zum Abschluss stand eine
Führung durch die Gedenkstätte Gestapo-Lager Golden Bremm auf dem Programm, die
von Jugendlichen gestaltet wurde, die sich ehrenamtlich für diese Gedenkstätte
einsetzen. Viele gute Ideen für die Arbeit mit Jugendlichen in Ostbelgien!
Danke an die Organisator*innen für diese gelungene Fachtagung!